In der Praxis

Qualitätsmanagement in der Arztpraxis


Autor: Professor Dr. Erik Rederer
Studienfachberater Betriebswirtschaft
Leitung Kompetenzzentrum Finance, Accounting, Controlling, Taxation
Mitglied im Institut für Vernetzte Gesundheit
In Kooperation mit der Hochschule Neu-Ulm

Lesedauer: 2,5 min
  

Der Qualitätsbegriff spielt in der Medizin – bei allen damit verbundenen Messmethoden – mittlerweile eine zentrale Rolle. Zum einen streben Leistungserbringerinnen und -erbringer im Gesundheitswesen in der Versorgung eine bestmögliche Qualität an; zum anderen haben natürlich Patientinnen und Patienten ein besonderes Interesse daran, dass in der medizinischen Versorgung höchste Qualitätsstandards eingehalten werden. Sie möchten Transparenz über die Qualität einzelner Leistungserbringerinnen und -erbringer, um optimale Entscheidungen treffen zu können. In Anlehnung an Donabedian (vgl. Donabedian 1966) kann Qualität in der Medizin in die drei Teilbereiche Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität unterteilt werden.


Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität

Beitragsserie mit der HNU: Qualitätsmanagement

Die Strukturqualität umfasst Kompetenz und Qualifikation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die Ausstattung der Praxis oder die Räumlichkeiten. Letztlich stellen diese Faktoren Rahmenbedingungen einer qualitativ hochwertigen Leistungserbringung dar. Effektive Abläufe, Standards oder ein professionelles Beschwerdemanagement bilden Bestandteile der Prozessqualität der Arztpraxis. Gute Rahmenbedingungen, die sich in der Strukturqualität ausdrücken, sowie ein hohes Maß an Prozessqualität bilden dann die Voraussetzung für die sogenannte Ergebnisqualität. Hier geht es schließlich um das Behandlungsergebnis. Die Patientenzufriedenheit, Heilungsdauer und -erfolg oder die Lebensqualität werden hier als relevante Parameter herangezogen. (Johannes/Wölker 2012, S. 6). Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich die genannten Parameter natürlich in den verschiedenen Fachrichtungen unterscheiden.


Qualitätsmanagementsysteme

Um die Qualität zu verbessern, werden sogenannte Qualitätsmanagementsysteme (QM-Systeme) eingeführt. QM-Systeme bilden in sämtlichen Unternehmen – auch im Gesundheitswesen – einen zentralen Baustein von Qualitätskonzepten. Die Einführung eines QM-Systems kann die Wettbewerbsfähigkeit einer Arztpraxis verbessern, insbesondere dann, wenn die Qualität der Arztpraxis nach außen darstellbar ist. QM-Systeme können die Transparenz über die Organisation (Aufbauorganisation und Prozesse) verbessern, Qualität sowie Sicherheit von Behandlungsprozessen unterstützen, die Mitarbeitermotivation steigern oder das Image der Arztpraxis verbessern. (Vgl. Frodl 2016, S. 348). Für Arztpraxen bieten sich mittlerweile unterschiedliche QM-Systeme an, z. B. International Organization for Standardization (ISO), Qualität und Entwicklung in Praxen (QEP), Europäisches Praxisassessment (EPA) und Kooperation für Transparenz und Qualität im Gesundheitswesen (KTQ). Exemplarisch sollen hier die Systeme QEP und KTQ kurz dargestellt werden.

 

Beitragsserie mit der HNU: Qualitätsmanagement

Qualität und Entwicklung in Praxen (QEP)

Der QEP-Ansatz stellt einen gemeinschaftlichen Ansatz der kassenärztlichen Vereinigungen, der KBV und niedergelassener Ärztinnen und Ärzte sowie Psychotherapeutinnen und -therapeuten dar, in dessen Entwicklung auch QM-Expertinnen und -Experten, Berufsverbände und Arzthelferinnen einbezogen wurden. Der Ansatz wurde speziell für Praxen konzipiert. Ein Qualitätszielkatalog mit wesentlichen Zielen inklusive Erläuterungen, ein Manual, das auch entsprechende Vorschläge zur Umsetzung und Musterdokumente enthält sowie Schulungen für die Praxisinhaberinnen und -inhaber und das Praxispersonal bilden wesentliche Elemente des QEP-Ansatzes. (vgl. Frodl 2016, S. 342ff.) Das zugrunde gelegte Spektrum an Kriterien, dass für die Qualitätsbewertung herangezogen wird, ist vergleichsweise breit und beinhaltet unter anderem die Themen Verordnungen, Einsatz von Behandlungspfaden und Leitlinien, Patienten-Sicherheit, Risiko- und Fehler-Management oder Geräte Anwendung, Wartung und Instandhaltung. (Vgl. Marcks 2012, S. 16)

Kooperation für Transparenz und Qualität im Gesundheitswesen (KTQ)

Beim KTQ-Ansatz handelt es sich um ein Zertifizierungsverfahren, das insbesondere im Krankenhausbereich weite Verbreitung erfahren hat. Um das Zertifikat zu erlangen, sind diverse Voraussetzungen zu erfüllen. Aufbauend auf einer Selbstbewertung durch die Arztpraxis erfolgt eine Fremdbewertung durch Visitoren, i.d.R. medizinische Fachangestellte und Ärztinnen und Ärzte. Bei erfolgreicher Auditierung wird das Zertifikat in der Regel für drei Jahre vergeben und veröffentlicht. Zwischenzeitlich wurden auch Pflegeheime oder Arztpraxen zertifiziert. (Vgl. Frodl 2016, S. 346f.)

Qualitätszirkel

Ein mittlerweile weit verbreitetes Instrument des Qualitätsmanagements bzw. der Qualitätsförderung in Arztpraxen stellen Qualitätszirkel dar. Mittels Qualitätszirkeln können sich Ärztinnen und Ärzte sowie Psychotherapeutinnen und -therapeuten fachlich austauschen. Dabei werden i.d.R. bestimmte Erkrankungen oder Fälle von einer Arbeitsgruppe (fünf bis max. 20 Teilnehmerinnen und Teilnehmer) besprochen. Die Teilnahme an zertifizierten Qualitätszirkeln ist dabei mit der Erlangung von Fortbildungspunkten verbunden. Die Teilnahme an einem Qualitätszirkel bietet die Möglichkeit der Reflektion des eigenen Handelns sowie des Wissenserwerbs. In den Richtlinien zur Qualitätssicherung der KBV sind Qualitätszirkel als Qualitätsinstrument anerkannt. (vgl. Kassenärztliche Bundesvereinigung)

 

 


Beitragsserie

In unserer Serie beleuchten Experten der Hochschule Neu-Ulm verschiedene praxisrelevante Themen für Sie.

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Quellen:

Donabedian, Avedis (1966): Evaluating the quality of medical care. The Milbank Memorial Fund Quarterly, 44, 166-203.
Frodl. A. (2016), Praxisführung für Ärzte. Kosten senken, Effizienz steigern, 2. Auflage, Springer/Gabler, Wiesbaden
Johannes, H./Wölker, T. (2012), Arbeitshandbuch Qualitätsmanagement Mustervorlagen und Checklisten für ein gesetzeskonformes
Qualitätsmanagement in der Arztpraxis, Springer, Berlin/Heidelberg
Kassenärztliche Bundesvereinigung, Qualitätszirkel, in: www.kbv.de/html/qualitaetszirkel.php, abgerufen am 10.4.2022
Marcks, S. (2012), Auswirkungen von Qualitätsmanagement in der Hausarztpraxis (Allgemeinarztpraxis und hausärztlich internistische Arztpraxis) - Ergebnisse einer strukturierten Befragung der Interessengruppen, in: edoc.ub.uni-muenchen.de/15093/, abgerufen am 10.4.2022


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