In der Praxis

Controlling in der Arztpraxis

Teil 1

Autor:
Professor Dr. Erik Rederer
Studienfachberater Betriebswirtschaft
Leitung Kompetenzzentrum Finance, Accounting, Controlling, Taxation
Mitglied im Institut für Vernetzte Gesundheit
In Kooperation mit der Hochschule Neu-Ulm

Lesedauer: 2,5 min
  


Begriff des Controllings


„Unter Control“ versteht man in der englischsprachigen Managementliteratur Beherrschung, Lenkung, Steuerung, Regelung von Prozessen.“ Vereinfacht gesagt, ist der Begriff „Controlling“ also nicht mit dem deutschen Begriff „Kontrolle“ gleichzusetzen (wenngleich „Kontrolle“ durchaus einen Teilbereich des „Controlling“ darstellt), sondern beschreibt vielmehr ein organisiertes System zur Steuerung von einzelnen Geschäftsbereichen, einzelnen Teilprozessen und/oder ganzen Unternehmen. Jedes Unternehmen und somit auch eine Arztpraxis ist hochgradig lenkungsbedürftig, d. h. wenn kein Controlling stattfindet, dann geraten die Dinge im wahrsten Sinne des Wortes außer Kontrolle. In einer sehr bekannten Studie, erstellt vom größten Kreditversicherer der Welt (Euler Hermes) gemeinsam mit dem Zentrum für Insolvenz der Universität Mannheim, wurde versucht herauszufinden, warum Unternehmen insolvent werden. Dabei wurden 58 mögliche Insolvenzursachen nach ihrer Relevanz untersucht und in 14 Gruppen zusammengefasst. Interessanterweise stellte sich dabei heraus, dass „Fehlendes Controlling“ statistisch auf dem ersten Platz lag, mithin also den wichtigsten Grund für Unternehmenspleiten darstellt. Das Controlling ist also sehr relevant: Überall dort, wo es Ziele gibt, die zu erfüllen sind, sollte das Controlling stattfinden. Doch was ist zu tun? Möchte man in einem Unternehmen ein Controlling etablieren, dann geht es einerseits um die zu etablierende Struktur und andererseits um den Prozess:

Controlling-Struktur

Im Rahmen der Struktur geht es beispielsweise um folgende Fragen: Durch wen soll das Controlling stattfinden, wer ist dafür verantwortlich (soll beispielsweise der Praxisinhaber der Controller sein oder jemand anders)? Auf welcher Ebene soll das Controlling stattfinden (z. B. nur auf Ebene der gesamten Arztpraxis oder soll – bei großen Praxen oder in Krankenhäusern – ein Controlling beispielsweise auch auf der Ebene einzelner Abteilungen / Stationen etabliert werden)? Das Controlling basiert heutzutage sehr stark auf EDV-Lösungen; hier stellt sich die Frage, welches IT-Umfeld zur Verfügung steht und welche Programme ausgewählt werden sollen (das kann von einer Excel-Tabelle bis hin zu spezialisierten Controlling-Programmen reichen).

Controlling-Prozess

Im Rahmen des Prozesses geht es um den Ablauf, also die Frage wer, wann was zu tun hat. Oftmals unterscheidet man dabei das strategische und das operative Controlling.


Strategisches und operatives Controlling

Beitragsserie mit der HNU: Controlling

Generell kann gesagt werden, dass sich das Controlling oft an folgenden Schritten orientiert:

  1. Planen
  2. Plan mit den tatsächlichen Ergebnissen vergleichen
  3. Abweichung analysieren
  4. Maßnahmen vorschlagen/beschließen 
  5. Ergebnisse an alle relevanten Stellen berichten („Reporting“).

Bezüglich der Ebenen kann zwischen dem strategischen und dem operativen Controlling unterschieden werden.

Strategisches Controlling

Im strategischen Controlling geht es darum, die langfristigen und generellen Ziele zu planen und ihre Einhaltung zu überwachen. Der Planungshorizont geht dabei oft deutlich über ein Jahr hinaus und die Zielsetzungen sind – nicht zwingend, aber oft – qualitativ und nicht quantitativ.

Praktisches Beispiel: Im Rahmen einer Arztpraxis könnte die strategische Zielsetzung beispielsweise darin bestehen, dass sie rentabel wachsen und eine sehr hohe Reputation erreichen soll. Die Instrumente des strategischen Controllings (z. B. Portfolio-Matrix, SWOT-Matrix oder die Balanced Scorecard) helfen nun dabei, diese schwer greifbaren und abstrakten Zielsetzungen zu planen und ihre Erreichbarkeit kritisch zu hinterfragen. Dabei ist es beispielsweise wichtig, sich der eigenen Stärken und Schwächen bewusst zu sein.

Operatives Controlling

Das operative Controlling ist hingegen oft relativ zahlengetrieben und hat oftmals einen kürzeren Zeithorizont (z. B. ein Jahr, ein Quartal, einen Monat). Dabei werden die globalen und langfristigen Ziele in konkretere und quantitativ messbare Ziele heruntergebrochen und die daraus resultierende Planung wird wiederrum den tatsächlichen Ergebnissen gegenübergestellt, damit Abweichungen erkannt und erklärt werden und ggf. Maßnahmen eingeleitet werden können.

Praktisches Beispiel: Wenn also die oben beispielhaft genannten langfristigen Globalziele (Wachstum/Rentabilität/Reputation) auf die operative Ebene heruntergebrochen werden, dann könnten die operativen Zielgrößen beispielsweise sein: Umsatzwachstum in % pro Jahr/Eigenkapitalrentabilität = Gewinn nach Steuern/eingesetztes Eigenkapital in % /Wiederempfehlungsquote auf einschlägigen Webseiten wie z. B. Jameda.



Beitragsserie

In unserer Serie beleuchten Experten der Hochschule Neu-Ulm verschiedene praxisrelevante Themen für Sie.

Beitrag verpasst? Lesen Sie hier mehr zum Thema

 
Weiter geht es in der nächsten Newsletter-Ausgabe mit Teil 2 zum Praxiscontrolling:

  • Kennzahlen in der Arztpraxis
  • Kennzahlensysteme in der Arztpraxis
  • Berichtswesen in der Arztpraxis
      


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