BEITRAGSSERIE MIT DER HOCHSCHULE NEU-ULM
Digitales Marketing in der Arztpraxis
Autor: Professor Dr. Patrick Da-Cruz
Praxisbeauftragter Betriebswirtschaft im Gesundheitswesen
Studiengangleiter MBA Betriebswirtschaft für Ärztinnen und Ärzte
Mitglied im Institut für Vernetzte Gesundheit
Studiengangleitung Führung und Management im Gesundheitswesen
In Kooperation mit der Hochschule Neu-Ulm
Lesedauer: 2,5 min
Das Wichtigste in Kürze
Homepage der Praxis
- Eine professionelle Homepage ist aktuell und berücksichtigt Designelemente wie Logo, Farbgebung, Schrift oder reale Fotos. Weiterhin relevant: Übersichtliche Darstellung von Kontaktdaten, Sprechstunden, Öffnungszeiten, Anfahrt und Lage sowie Leistungsspektrum.
- Mit Formaten wie einem Imagefilm kann sich die Praxis auf zeitgemäße Art und Weise auf unterschiedlichen Marketing-Kanälen präsentieren.
Soziale Netzwerke
- Patienten können in Austausch mit Arztpraxis treten aber auch in Interaktion mit Selbsthilfegruppen oder anderen Betroffenen. Zudem ist die Nutzung von Bewertungsportalen möglich.
- Arztpraxen können Kontakt mit Patienten halten; außerdem: Interaktion mit Gesundheits-Community und Etablierung als Medical Influencer.
Bewertungsportale
- Bewertungen zu Wartezeiten (auf einen Termin oder in der Praxis) sowie zum Eindruck des Praxispersonals können Praxen Hinweise auf Optimierungspotenziale geben.
- Reagiert die Praxis auf Rückmeldungen von Patienten in Bewertungsportalen, kann das ein Signal der Wertschätzung sein.

Benötigt eine Arztpraxis ein Marketing? Der Primärzweck einer Arztpraxis ist grundsätzlich weniger in der Vermarktung bestimmter Leistungen als in der Patientenversorgung zu sehen (vgl. Dumont/Matusiewicz 2019, S. 294). Gleichwohl stehen Praxen gerade in Ballungsräumen nicht selten in einem Konkurrenzverhältnis mit anderen Praxen, Privatpraxen, Krankenhäusern oder sonstigen Leistungserbringern. Daher kann es sich lohnen, über Aktivitäten im Praxismarketing nachzudenken. Im Folgenden ist dargestellt, welche Marketinginstrumente sich in Arztpraxen im digitalen Kontext nutzen lassen.
Was bedeutet Praxismarketing?
Unter Praxismarketing lässt sich eine konsequente Ausrichtung sämtlicher Aktivitäten der Arztpraxis an den Patientenbedürfnissen verstehen mit dem Ziel, Patientenpräferenzen zu verstehen und auf Basis passgenauer Angebote letztlich Wettbewerbsvorteile zu generieren (vgl. Frodl 2016, S. 58). Dabei beginnt das Praxismarketing bei den ersten Kontaktpunkten (touch points) der Patientinnen und Patienten mit der Arztpraxis. Dies kann zum Beispiel das Aufsuchen der Homepage, die telefonische Kontaktaufnahme, die Terminvereinbarung auf Basis eines Online- Terminvereinbarungssystems oder der persönliche Besuch der Arztpraxis sein. Das Marketing sollte idealerweise deutlich vor dem ersten Arztkontakt starten, wobei digitale Medien eine immer bedeutsamere Rolle spielen (vgl. Dumont/Matusiewicz 2019, S. 295).
Homepage als „digitale Eingangstür“ einer Arztpraxis
Tipps von Familienmitgliedern und Freunden stellen zwar nach wie vor die wichtigste Informationsquelle bei der Suche nach einer neuen Ärztin bzw. einem neuen Arzt dar, die Internetpräsenz ist gleichwohl bereits heute sehr bedeutsam. Fast jeder zweite Patient (44%) in der Altersgruppe 18-39 Jahre erhält vor seinem ersten Besuch bei einem neuen Arzt Informationen zur Praxis durch den Homepage-Besuch. Die Internetpräsenz bzw. Homepage kann somit als „digitale Eingangstür“ einer Arztpraxis gesehen werden (vgl. Deutsche Apotheker- und Ärztebank, o. J., S. 5).
Eine professionelle Homepage kann folglich mittlerweile als selbstverständlich vorausgesetzt werden. Dabei muss gewährleistet sein, dass die Seite regelmäßig gepflegt und weiterentwickelt wird. Das Logo, die Farbgebung, Schrifttypen oder Bilder sind hier von besonderer Bedeutung. Möglichst reale Fotos geben bestehenden und neuen Patienten einen Eindruck über die Räumlichkeiten, Geräte sowie das Personal. Teamfotos erlauben es dem Besucher der Homepage, sich eine Meinung darüber zu bilden, ob ihm die behandelnden Ärztinnen und Ärzte sowie das Team sympathisch erscheinen. Angesichts der Tatsache, dass Patientinnen und Patienten im Rahmen ihres Surfverhaltens diverse Geräte, zum Beispiel PC, Laptop oder Smartphone verwenden, sollten sich die Inhalte optimal an die jeweiligen Endgeräte anpassen, damit ein optimales Leseerlebnis möglich ist (vgl. Kesting 2019, S. 309).
Da sich mittlerweile rund 80 % der Bundesbürger im Internet Informationen zu gesundheitlichen Themen besorgen, sollte die Homepage in Ergänzung zu den bereits ausgeführten Designelementen eine klare Struktur aufweisen, die in übersichtlicher Form über Kontaktdaten, Sprechstunden, Öffnungszeiten, Anfahrt und Lage sowie das Leistungsspektrum informiert. Diesbezügliche Regelungen finden sich in der Berufsordnung für Ärzte oder dem Heilmittelwerbegesetz; für juristische Fragestellungen kann auf die entsprechenden Kontaktpersonen der kassenärztlichen Vereinigungen zurückgegriffen werden (vgl. Kesting 2019, S. 311).
Um sich von den Homepages der Wettbewerber abzuheben, ist auch an Imagefilme zu denken. Informationen zur Ausstattung der Praxis, innovativen Behandlungsmethoden oder Patienteneindrücke lassen sich hier zeitgemäß transportieren, insbesondere auch im Hinblick auf emotionale Aspekte. Filme bzw. entsprechende Links lassen auf der eigenen Homepage, in Newslettern, im Wartezimmer oder auf Social-Media-Kanälen nutzen (vgl. Kesting 2019, S. 312).
Bedeutung von sozialen Netzwerken
Soziale Netzwerke, wie beispielsweise Facebook oder Instagram, bieten Patientinnen und Patienten die Möglichkeit, sich einerseits mit der Praxis, andererseits mit Selbsthilfegruppen bzw. anderen Betroffenen auszutauschen. Darüber hinaus existieren mittlerweile zahlreiche Bewertungsportale, in denen Patientinnen und Patienten ihre Meinung äußern können (vgl. Kesting 2019, S. 313).
Für Ärztinnen und Ärzte bieten Social-Media-Kanäle die Möglichkeit, Kontakt zu Patientinnen und Patienten zu halten sowie in eine Interaktion mit ihren Followern und der Gesundheits-Community zu treten. Dabei können die Grenzen zwischen der beruflichen Rolle und der Privatperson teilweise verschwimmen; gleichwohl kann es gelingen, sich als Medical Influencer zu positionieren und damit auch eine Bindung zu potenziellen zukünftigen Patientinnen und Patienten aufzubauen, mit denen man bereits heute online verbunden ist (vgl. Neumann/Otto 2022, S. 97).
Umgang mit Bewertungsportalen
Bewertungsportale haben in den letzten Jahren in zahlreichen Dienstleistungssegmenten an Bedeutung gewonnen.
Auch im Gesundheitswesen konnten sich zwischenzeitlich erste Portale etablieren, zum Beispiel Sanego oder Jameda. Arztempfehlungsportale haben mittlerweile teilweise eine echte Vormachtstellung und beeinflussen die Ergebnisse von Suchmaschinen. Auch wenn man sicherlich kritisch hinterfragen kann, ob der die Patientin bzw. der Patient fähig ist, die ärztliche Fachkompetenz zu bewerten, sollten sich Arztpraxen mit der Thematik beschäftigen. Die Servicequalität, zum Beispiel der Eindruck des Personals, die Wartezeit auf einen Termin oder die Aufenthaltsdauer im Wartezimmer kann die Patientin bzw. der Patient zumindest teilweise bewerten, was der Arztpraxis wiederum wertvolle Optimierungshinweise liefert. Es gilt daher zu prüfen, ob und inwieweit Arztpraxen auf positive oder negative Rückmeldungen von Patientinnen und Patienten in den einschlägigen Portalen reagieren sollten. Der offene Umgang mit Patientenunzufriedenheit sowie der Dank für positive Rückmeldungen wird von den meisten Patientinnen und Patienten, die sich auf entsprechenden Portalen engagieren, vermutlich als Zeichen der Wertschätzung aufgenommen (vgl. Kesting 2019, S. 314).
Beitragsserie
In unserer Serie beleuchten Experten der Hochschule Neu-Ulm verschiedene praxisrelevante Themen aus den Bereichen Arztrecht, Betriebswirtschaft und Digitalisierung für Sie.
Haben Sie Interesse? Hier finden Sie alle Fachbeiträge der HNU im Überblick.
Ausblick: Im nächsten Beitrag geht es um das Thema Rahmenbedingungen in der ärztlichen Versorgung.

Die HNU ist die führende International Business School für die Region Neu-Ulm/Ulm und umfasst die Fakultäten Gesundheitsmanagement, Informationsmanagement und Wirtschaftswissenschaften sowie das Zentrum für Weiterbildung. Hier können beispielsweise Ärztinnen und Ärzte Masterstudiengänge absolvieren.
Literatur:
Deutsche Apotheker- und Ärztebank (o. J.), (Hrsg.), Digitalisierung in der Praxis. Tipps und Tricks für Ihren Arbeitsalltag, Düsseldorf, verfügbar unter: https://www.apobank.de/dam/jcr:a536355a-8622-4624-84a3-35a657fb25ea/digitale-praxis-ratgeber-teil-1.pdf, abgerufen am 1.5.2023
Dumont, M./Matusiewicz, D. (2019), Strategisches Marketing für Arztpraxen und Ärztenetze, in: Matusiewicz, D./Stratmann, F./Wimmer, J. (Hrsg.), Marketing im Gesundheitswesen. Einführung, Bestandsaufnahme, Zukunftsperspektiven, FOM-Edition, Springer Gabler, Wiesbaden, S. 293-303
Frodl. A. (2016), Praxisführung für Ärzte. Kosten senken, Effizienz steigern, 2. Auflage, Springer/Gabler, Wiesbaden
Kesting, T. (2019), Praxismarketing als Therapie. Von der Anamnese zur erfolgreichen Operation, in: Matusiewicz, D./Stratmann, F./Wimmer, J. (Hrsg.), Marketing im Gesundheitswesen. Einführung, Bestandsaufnahme, Zukunftsperspektiven, FOM-Edition, Springer Gabler, Wiesbaden, S. 305-317
Neumann, O./Otto, G. (2022), Praxismarketing digital. Social Media, Portale und Webseite für die Arztpraxis, in: M. Henningsen; M./Stachwitz, P./Fahimi-Weber,S. (Hrsg.), Die digitale Arztpraxis. Technik, Tools und Tipps zur Umsetzung, MWV Medizinisch Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Berlin, S.85-99.